Im WOBLA-Gespräch: Interview mit Dr. Jörg Cuno
Geschäftsführer von PalliVIVO, Leitender Arzt, Facharzt für Innere Medizin, Palliativmedizin
WOBLA
Die PalliVIVO GmbH hat 2021 ihre Arbeit als Team der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung,
kurz SAPV, aufgenommen. Erklären Sie unseren Leserinnen und Lesern doch kurz die
Philosophie, welche hinter dem Titelzitat steckt.
DR. JÖRG CUNO
Ich weiß natürlich, dass diese Aussage sehr provokativ wirkt. Letztlich drückt sie aber die Sorgen der
Menschen aus, die eine palliative Betreuung bräuchten, aber Angst davor haben, diesen Schritt zu
gehen – im Glauben, dass eine solche Begleitung automatisch das Lebensende bedeuten würde.
„Palliativmedizin ist Lebensmedizin“: Wer hinter die Kulissen Ihrer täglichen Arbeit blickt, erkennt
sehr schnell, wie viel Herzblut in diesem Team steckt. Ist die Aufgabe, Menschen auf dem sprichwörtlich
letzten Weg begleiten zu dürfen, eine echte Berufung für Sie und Ihr Team?
Ich selbst betreue seit über 20 Jahren schwer kranke und sterbende Menschen, und auch jeder
meiner Mitarbeiter ist langjährig in diesem Bereich tätig. Uns alle verbindet der tiefe Wunsch, den
betro enen Patienten und ihren Familien eine feste und stabile Unterstützung zu geben, um ihnen in
dieser gefühlt unwirklichen Zeit Sicherheit, Halt und Lebensqualität zu geben. All das kann man nicht
mal eben so nebenbei als 9 to 5-Job machen. Das funktioniert nur, wenn man innerlich fest davon
überzeugt ist und wirklich helfen will.
„Unser Antrieb ist der Wunsch, Ihnen eine Lebensphase so weit wie möglich zu gewährleisten,
die nicht zu sehr von Krankheit und Angst vor dem Tod, als vielmehr von einer erfüllten, im
wahrsten Sinn des Wortes gelebten Zeit geprägt ist“ heißt es auf Ihren Webseiten. Woher nehmen
Sie die Motivation für diese außergewöhnliche Aufgabe?
Ich glaube tatsächlich, dass in uns allen der Wunsch besteht, in Krisensituationen nicht alleine gelassen
zu sein, sondern jemanden an der Seite zu haben, der uns hilft und stützt und vielleicht sogar
ein bisschen trägt. Mich persönlich hat meine gemeinsame Zeit mit Christine Denzler-Labisch mit
ihrer o enen und warmherzigen Art sehr geprägt. Wir in unserem Team stellen uns bei unserer täglichen
Arbeit immer vor, wie wir gerne unsere Familienmitglieder in einer solchen Situation begleiten
würden. Ich glaube, das ist eine große Motivation, täglich das Beste für den jeweiligen Patienten
erreichen zu wollen.
Die Begleitung von schwer kranken Menschen ist sicherlich auch eine große mentale Herausforderung.
Wie fi nden Sie die perfekten Mitarbeiter*innen für diesen ohne Zweifel außergewöhnlichen
Berufsweg?
Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter für sich genau wissen, was ihr innerer Antrieb für diese Arbeit
ist. Es reicht nicht, dass man die Dinge, die man tut, deswegen macht, um sich selbst gut zu fühlen.
Es gilt, den anderen, unseren Patienten, sich gut fühlen zu lassen. Und das jeweils mit seinen individuellen
und sehr persönlichen Wertvorstellungen. Dabei geht es immer um Wertschätzung und den
würdevollen Umgang, und um Augenhöhe in der Begleitung.
Nicht nur die Patienten, auch deren Angehörige schwärmen förmlich von der Betreuung durch
PalliVIVO. Was raten Sie Familien, die durch Krankheit oder Unfall in eine derartige Ausnahmesituation
geraten? Wie sieht die Hilfe Ihres Teams in der Praxis aus? Wie kann man Kontakt aufnehmen?
Wie erfolgt die Erstberatung? Welche Werte stehen im Mittelpunkt?
Vielen Dank erst mal für das Kompliment. Meines Erachtens nach beginnt eine gute palliative Begleitung
vor allem mit der Frühzeitigkeit der Inanspruchnahme. Kaum einen Satz höre ich so infl ationär
und gleichzeitig oft so falsch gesagt, wie den, dass es noch nicht so weit sei. Meine persönliche
Erfahrung über all die Jahre hat aber gezeigt, dass die Lebensqualität umso besser ist und die
vermeidbaren Krankenhaus- und Notarzteinsätze umso geringer sind, je früher wir hinzugezogen
werden. Je früher also eine Palliative Betreuung beginnt, desto mehr können wir tatsächlich helfen.
Daher ist unser Name ja auch PalliVIVO, denn das VIVO bedeutet ja: „Ich lebe“. Und genau darum
geht es. Den Menschen in seinem Leben zu begleiten. Eben bis zuletzt.
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